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Paradox: Vereinsamung durch digitale Sozialnetzwerke

Warum uns der neue Hype so fesselt und...
...unsere Gesellschaftsstruktur verändern wird...

Die letzten 5-7 Jahre waren für die deutsche Internetgemeinde hauptsächlich von einem neuen Hype geprägt: Soziale Netzwerke! (im Folgenden SN abgekürzt) Wir alle kennen sie nun - die neue Ausgeburt des WorldWideWebs, mit ihrem schier unendlich erscheinenden Potenzial. Was am Anfang ein Studentenjux war, entwickelte sehr schnell ein Eigenleben mit unglaublichen Wachstumsraten. Aus den kleinen Spassportalen wurden in recht kurzer Zeit große und hochdotierte Marketing-Riesen. Unmengen gut verwertbarer Benutzerdaten liegen ihnen zu Füßen – ein Traum! Zumindest für Menschen und Organisationen, die mit exakten Kundenprofilen viel Geld verdienen. Ob das sonderlich toll ist? Das muss man sich schon selbst beantworten. Denn dies zu klären ist nicht Thema dieses Artikels. Doch dass diese neuen Netzwerke einen immensen Einfluss auf das Alltagsleben vieler Menschen haben, ist unumstritten. Wie es dazu kommen konnte - wo es noch hinführen könnte, das soll dieser Artikel beleuchten. Das flächendeckende Spektakel begann – mit Facebook...


Die Schöpfungsgeschichte

Am Anfang schuf er die Webseite und das Bewertungssystem. Das Bewertungssystem aber war bloß und bar, und Dunkel lag über dem Server. Da sprach er: „Es werde bekannt!", und es ward bekannt. Er sah die Bekanntheit, dass sie gut war. Da schied er zwischen den Geschlechtern. Und er nannte das Eine „männlich", das Andere aber nannte er „weiblich". Es ward männlich und weiblich – eine mysteriöse Einheit! Und er sprach: „Es werde eine Variable im System drinnen und sei Scheide zwischen männlich und weiblich!" Da machte er die Variable und schied zwischen den Geschlechtern innerhalb der Webseite; und es ward so. Und er nannte die Webseite „Facebook" …

...und sie war erfolgreich! Nicht etwa wegen des tollen Webseitenlayouts. Nein. Es war eine ganz andere Komponente. Es war ein weiteres Grundbedürfnis des Menschen, dass direkt und hemmungslos angesprochen wurde: Bewerten wollen.


Der Aufstieg

Wenn wir nun ehrlich in uns hinein horchen, spüren wir auch dieses Bedürfnis, das Bedürfnis zu bewerten und bewertet zu werden. Und so ging es auch jenen Menschen, die mit dem Konzept „Facebook" von Anfang an konfrontiert wurden. Der „new style" war geboren. Während „Facebook" zunächst hauptsächlich in den USA sein Dasein fristete, betraten auch schon die deutschen (heute großen) Analogkonzepte die Bühne: StudiVZ und ein Jahr später WerKenntWen.

Hier war das Grundkonzept etwas abgeändert – denn der Fokus lag nicht wie bei FB auf der Bewertung von Menschen. Hier trat der Austausch von privaten und studienbezogenen Informationen in den Vordergrund. Leute die sich kennen, kennen noch mehr Leute gemeinsam – darunter befinden sich dann auch eine Menge Leute, die man seit 6 Jahren nicht gesehen hat. Das Konzept kam an.

Entfremden wir uns von der klassischen Printliteraur?
Ein Buch: Kuriosum aus alter Zeit


Das Buch: Ein kurioses Stück VergangenheitUnd in Windeseile wurde auch der deutsche Sprachraum vom Sozialnetzwerkfieber infiziert. Obgleich ein andere deutsches Portal im Grunde schon ein wenig früher das gleiche Konzept verfolgte – noch vor Facebook – jedoch ohne Bewertungsfokus. Das heutige XING. Im Jahr 2003 als „OpenBC" gegründet blieb es aber immer eher im Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung. Vielleicht aufgrund der Tatsache, dass dieses Portal von Anfang an als Business-Portal ausgelegt war. So war auch lange Zeit fast ausschließlich in Geschäftskreisen bekannt. Doch im Mainstream traten die neuen Portale den Siegeszug der neuen „Gemeinschaften" konsequent an.

Erst tausende, später dann Millionen Menschen waren plötzlich Mitglied einer „Sozialen-Gemeinschaft" - einer neuen sozialen Gemeinschaft, die das Internet als Medium nutzt. Wir gingen den nächsten Schritt. Wir spiegelten unsere reale Welt in einen Server. Wir wurden ein weiteres Stück – digital.

Die Möglichkeit sich selbst zu präsentieren und themenbezogene Gruppenbereiche gemeinsam zu nutzen, haben die neue Dimension der sozialen Kontaktstruktur bewirkt. Heute ist es ein Leichtes für den geneigten Suchenden, sehr viele Informationen über eine namentlich bekannte Person, durch das Internet zu beziehen. Im stressigen Alltag der immer treibenden Kraft der Wirtschaft, ermöglichen diese Portale einen abendlichen Austausch von Informationen. Man hat Zeit und kann die neuesten Tagesnews mit seinen Bekannten und Freunden austauschen. Das Konzept scheint wie geschaffen für die schnelllebige Zeit der sensationsgeifernden Massenunterhaltung ala Stefan Raab oder Galileo.

Back to the Roots. Weg vom flachen Unterhaltungs-Moloch, zurück zu den eigenen Bedürfnissen – und das auch noch interaktiv! Man besinnt sich auf sich selbst und die Gemeinschaft. Man kann Kontakte pflegen, die sich vielleicht ohne das SN nur mit erheblichem (Zeit)Aufwand pflegen lassen. In sofern haben viele Menschen auch sicherlich durch solche Portale wieder näher zusammengefunden. Außerdem bieten sie auch einige Möglichkeiten, um sich und andere in Interessensgruppen zu sammeln oder organisieren. Zumal auch fremde Leute auf diesem Weg erreicht werden können, die nicht dem eigenen Bekanntenkreis angehören. Die Wirkungen des umfassenden Angebots von Features sind vielfältig.


Das Tolle daran

Aufgrund der interessanten „Kommunikationswelt" auf die der neue Benutzer eines Portals trifft, entsteht in vielen Fällen ein gewisser Elan. Der Wunsch sich mitzuteilen und Anschluss an die Gesellschaft zu haben – was man im SN mit geringem Aufwand erreichen kann. Nicht wenige Menschen verbringen mittlerweile einen Großteil ihrer täglichen Freizeit mit sozialen Netzwerken.

Das hat in der Folge unter anderem zu einer neuen Kommunikationsstruktur geführt. Menschen sehen bei gegenseitigem Kontakt mehr voneinander, als nur eine Textnachricht. Mann kann das Profil seines Gegenübers anschauen und Bilder, Interessen, Vorlieben oder andere persönliche Attribute kennenlernen. Das Kontakterlebnis – vor allem auch mit fremden Menschen - ist gewissermaßen intensiver geworden, da man viel über eine Person erfährt. Ein weiteres Bedürfnis wird gestillt: die Neugier. Und zugleich kann man auch wenig Voyeur sein. Wenn man seine eigenen Seitenbesuche bei anderen Benutzern nicht anzeigen lässt, kann man ungestört „schnüffeln". Und das kann dann jeder. Natürlich auch immer nur so weit in die Privatsphäre des Benutzers, wie weit er ein Eindringen erlaubt. Daher sollte man sich schon recht gut überlegen, was man über sich selbst preis gibt und was nicht. Natürlich treiben sich mittlerweile auch offizielle Stellen in sozialen Netzwerken umher. Intime Kenner der Polizeiszene sprechen nicht von WKW – sondern von Who Is Who. Ob dies in der Folge bisher zu einer erhöhten Anzahl von Präventivmaßnahmen der staatlichen Einrichtungen, gegen kriminelle Elemente geführt hat – das wird man wohl vorerst nicht erfahren. Das ist auch für diesen Artikel nicht wichtig.

Die umfassenden Möglichkeiten, Kontakt mit anderen Menschen aufzubauen und zu unterhalten, sind das Erfolgsrezept der SN. Es ist die Teilhabe am Leben anderer die uns begeistert – gemischt mit dem Bedürfnis auch selbst Menschen zu haben, die einem zuhören. Wenn auch mit unter nur vermeintlich. Und das in einer Welt, in der Zeit eine Mangelware ist. Obgleich die Menschen in der Gegenwart sehr viel mehr Freizeit haben, als die Menschen noch vor 100 Jahren. Eines der wichtigsten Bedürfnisse, das durch SN befriedigt wird ist: Zuhörer haben.

Denn in unserer recht oberflächlich gestalteten Welt, fällt es zunehmend schwerer, Menschen zu haben, die einem zuhören. So geht es vielen Menschen. Ebenso viele dieser Menschen beschäftigen sich dann aus Frust immer weniger mit der Welt um sie herum. Stattdessen dient das Internet als Ersatzwelt. Das Kuriose daran ist, dass sich diese Menschen dann z.B. auf SN-Portalen wieder „über den Weg laufen" und dort dann wieder miteinander kommunizieren. Eine Verlagerung der Kommunikationskanäle ist die Folge, der sich immer mehr Menschen anschließen. Die Welt von der wir umgeben sind, muss wirklich sehr schlimm sein.

Zumindest kann man behaupten, dass vieles falsch läuft – und das wissen auch viele Menschen. Und nochmals viele davon beschweren sich an „übergeordneter Stelle". Doch das Problem: keiner hört zu. Die Politik nicht, die Medien nur bedingt – wenn es ihre eigenen Interessen trifft, die Leute auf der Straße, die Nachbarn und manchmal noch nicht einmal die Familienangehörigen. Alle (bis auf die Politiker und Medien) haben selbst über beide Ohren voll zu tun, um ihren Weg im Leben zu finden. Die immer vielschichtiger werdenden Rahmenbedingungen im Zusammenspiel von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat fordern alles von den Bürgern ab. Jeder hat mich sich selbst schon genug zu tun. Trotzdem kommen sich die Menschen in SN wieder vermeintlich näher. Sie werden offener und wieder umgänglicher. Man kann sogar so weit gehen und behaupten, dass viele Menschen ein „Doppelleben" führen. Denn der große Vorteil von SN ist, dass man sich den anderen Menschen so präsentieren kann, wie man gerne gesehen werden möchte. Im Alltag ist man dann Mr. X und lebt im immer gleichen Trott dahin. Wenn man dann nach getaner Arbeit das SN betritt, wird man augenblicklich ein Anderer.

Ein (Alternativ)Leben im Netzwerk kann auch so weit gehen, dass einige Menschen außer dem Kontakt über das Internet, kaum alltägliche Kontakte im echten Leben unterhalten. Die Anzahl von Menschen, die aufgrund der Nutzung des Internets weltweit vereinsamen, steigt seit Jahren beharrlich. Dies sollte uns nachdenklich stimmen! Immer mehr Menschen verbringen immer mehr Zeit mit der Nutzung von Online-Portalen.

 

Nebeneinander sitzen und sich doch nicht sehen...
Kommt Dir das schon bekannt vor?

Das Untolle daran

Aber auch immer mehr Menschen geben immer mehr private Informationen öffentlich preis. Das haben die ganz gewieften Marketing-Experten schnell begriffen. Ebenso schnell war klar, dass die so gewonnenen Informationen für vielfältige Zwecke nutzbar sind. Kunden-,Verhaltens- oder Charakterprofile können erstellt und gewinnbringend an interessierte Kunden verkauft werden. Im besten Fall bekommt der angemeldete Nutzer herzerfrischende Werbung. Das Marketingpotenzial von sozialen Netzwerken ist schier unglaublich. Erstmalig in der Geschichte des Marketings (aber auch der Justiz) ist es möglich seine Klienten bestmöglich aus der Ferne kennen zu lernen. Das Internet macht's möglich. Auf eine solche Möglichkeit haben im Grunde sicherlich auch alle betreffenden Stellen schon lange gewartet. Vielleicht wurde sogar auch gemeinschaftlich darauf hingearbeitet? Das kann niemand mit Gewissheit sagen.

Jedenfalls wird der Otto-Normal-Verbraucher jetzt so richtig ins Visier genommen. Und das alles auf freiwilliger Basis. Die, im Vergleich zu den Möglichkeiten, wenigen Vorteile locken zu sehr. Ähnlich ist es mit der Handy-Mikrowellen-Technologie. Doch dazu vielleicht an anderer Stelle mehr.

Wir möchten am Thema bleiben. Immer mehr Menschen ziehen sich in die digitale Welt aus Bits und Bytes zurück – zur Freude der Wirtschaft. Und das, obgleich sicherlich viele dieser Menschen sich eigentlich dem alltäglichen und allgegenwärtigen Druck der Wirtschaft entziehen möchten. Sicherlich ist die Pflege der eigenen Kontakte ein sehr wichtiges Thema, jedoch sollte man sich darüber bewusst werden, welchen Preis man dafür zahlt. Zumindest, wenn man groß und breit seine persönlichen Eigenschaften und Vorlieben breit tritt. Doch das ist die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen. Ungleich viel schlimmer ist der Abbau der sozialen Kontakte im täglichen Leben. Die seit Jahrtausenden gewachsenen, klassischen Gemeinschaftsformen sind im Begriff sich aufzulösen. Natürlich entstehen dabei auch neue Gemeinschaften über das Medium – Internet. Gemeinschaften, die so noch vor 20 Jahren niemals hätten entstehen können. Aber die so neu entstehenden Kontakt-Netzwerke haben einen hohen Anteil an Unverbindlichkeit, da die Menschen oftmals weit voneinander entfernt sind und sich u.U. noch niemals persönlich getroffen haben. Dies trifft natürlich auch nur für den Kontaktkreis zu, der über das Internet zusätzlich, zu seinem Offline-Bekanntenkreis erworben wurde. Doch gerade auch die Bindungen in diesem Offline-Kreis bröckeln immer mehr auf. Das Problem dabei:

Die Folgen für eine Volksgemeinschaft sind weittragend. Wenn immer mehr Menschen die meiste Zeit alleine zu Hause vor dem Computer verbringen, birgt dies auch ungeahnte Gefahren. Der gewachsene Zusammenhalt und die Verbindlichkeit gegenüber anderen Menschen im eigenen Bekanntenkreis, könnte Stück für Stück abgebaut werden. Vieles deutet darauf hin. Die große Gefahr besteht darin, dass die Bindungen über das Internet stärker werden, als ohne das Internet. Durch die fehlende Verbindlichkeiten untereinander, werden die Menschen anfälliger für wie auch immer geartete Manipulationen. Egal von welcher Seite. Die Partei mit den meisten Autoren und Computer-/Internetspezialisten, wird diesen Umstand sicherlich gut für sich zu nutzen wissen...

Wohin uns dieser Kurs führen könnte – das kann man nicht mit Gewissheit sagen. Doch wir können versuchen es uns vorzustellen...wenn wir abends im Bett einmal darüber nachdenken.

 

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